1996 YAT-KHA

Albert Kuvezin ist ein „Khomeizi“ - ein Kehlkopfsänger. Der russische Playboy schreibt: „Es gibt zur Zeit nur zwei einmalige Stimmen auf dieser Erde - Pavarotti und Kuvezin von Yat-Kha.“ Yat-Kha ist Alberts Band, die die Jahrhunderte alte Technik des Kehlkopfgesanges in zeitge¬mäße Rockmusik umsetzt. Die traditionellen Ober- und Untertonlieder, bei denen Albert zwei bis drei Töne gleichzeitig intoniert, werden bei Yat-Kha mit tanzbaren Rhythmen ver¬webt.

1993 lernte ich Albert auf einem Konzert in der Kreuzberger Taborkirche kennen – dank „Glasnost“ war es für Bürger der SU jetzt möglich, ins westliche Ausland zu reisen. Wir verstanden uns sofort. Ich wollte mich unter seiner Anleitung in meiner Obertongesangstechnik verbessern - er wollte, dass ich über ihn einen Film machte. 1995 gewann Yat-Kha für ihre CD „Yenisei-Punk“ den Prix Grand Jury von Radio France Internationale „Rock and Pop in the East“. Daniela Schulz und ich bekamen den Auftrag, über Yat-Kha ein Musikvideo zu machen. Unser Musikvideo, das wir in Tuva, der Heimat von Yat-Kha, drehten, gewann 1997 auf der MIDEM in Cannes den 1. Preis in den Kategorien: „Low Budget Clip“ und „Best Screenplay“. Durch diese Auszeichnung ermuntert, fuhren wir mit Yat-Kha zum Festival of „Asian Arts“ nach Hongkong und schnitten unmittelbar danach aus dem gesammten Material die Dokumentation „Dyngyldai“.

Auf dem Festival in Hongkong lernte ich auch die jakutische Schauspielerin und Sängerin Stepanida Borisova und ihre Band „Cholborn“ kennen. In ihrem Land ist sie so bekannt, wie es Helene Weigel einst in Deutschland war. Ihre Stimme eröffnet eine andere Welt. Sie singt „Tojuk“, einen rituellen Sprechgesang. Zu Rockmusik „monologisiert“ sie in langen, ruhigen Passagen auf wenigen Tönen und erzeugt dabei einen vibrierenden Sound, der an den bei uns bekannten Obertongesang erinnert. Begleitet von klagenden Schreien vollführt sie auf der Bühne ein schamanisches Ritual. Hingerissen von dieser Vorstellung, nahm ich ihre Probe und ein Konzert auf. Als Gegenleistung für eine Kopie der Aufnahmen bekam ich eine handgemachte jakutische „Khomus“ (Maultrommel) geschenkt.

Khomei/Obertongesang und das Khomus/Maultrommelspiel haben ihre Wurzeln in den schamanischen Traditionen der Völker Sibiriens und Zentralasiens. So wie Töne des Didjeridoo von den Traumpfaden der Aborigines erzählen, erinnern die Klänge der Khomeisänger und Khomusvirtuosen an die Weisheiten der Urvölker Asiens.